Dies ist ein Gastbeitrag von Sarah Appelt von Chalo! Reisen.
Das Thema Sicherheit von Frauen in Indien ist leider immer noch aktuell. Ich selbst lebe als Frau seit fünf Jahren in Indien. Ich fühle mich sehr sicher und wohl, bin mir dennoch der kritischen Situation mit indischen Männern bewusst und immer sehr aufmerksam, wenn mir Gruppen von Männern, besondes wenn sie alkoholisiert sind, begegnen.
Ich kann jeder reisebegeisterten Frau nur empfehlen nach Indien zu kommen, um dieses wunderbare Land, mit seinen überwiegend großartigen Menschen kennen zulernen. Ich würde sogar behaupten, dass Indien ein sehr sicheres Reiseland ist: kaum Raubüberfälle, wenig Gewalt. Der Inder an sich ist ein sehr friedvoller Geselle und versucht, Konfrontaionen zu vermeiden. Auch ist ein einzelner Inder eher feige und wird erst in einer Gruppe von Freunden und unter Alkohol einfluss mutiger.
Einzig die relativ hohe Anzahl von Vergewaltigungen, auch an ausländischen Reisenden, geben großen Anlass zur Beunruhigung. Es ist wichtig, den kulturellen Hintergrund dieser Vergewaltigungen zu verstehen, bevor man sich auf den Weg nach Indien macht, damit man das Gefahrenrisiko einschränken kann.
Die indische Frau gilt im größten Teil Indiens leider dem Mann gegenüber als minderwertiger. Noch immer herrscht in einigen Staaten die Sitte der Mitgift, die zwar offiziell verboten ist, jedoch in Staaten wie Rajasthan, Madya Pradesh und Bihar noch immer gängig ist. Kommt ein Mädchen zur Welt, muss die Familie ein Leben lang sparen, nur um es später angemessen verheiraten zu können und in die Familie des Ehemannes zu wechseln. Ein Junge ist also schon von Geburt an mehr gewollt, wird gefördert, verhätschelt und bekommt beigebracht, dass Frauen nicht so viel Wert, wie er selbst sind. Mit einer Frau kann also gemacht werden, was man will.
Hinzu kommt, dass die ärmeren Familien zwar groß sind, jedoch nicht viel Platz im Haus haben. In einem Zimmer schlafen oft mehrere Personen. Für Privatsphäre ist da kein Platz und für den Austausch von Zärtlichkeiten schon gar nicht. Das natürliche Verlangen wird unterdrückt oder passiert nur sehr schnell und lautlos.
Während in Indien Sex noch oft ein Tabuthema ist und bis vor Kurzem nicht einmal Küsse in Bollywood-Filmen zu sehen waren, bekommen die Inder in den westlichen Filmen gezeigt, wie freizügig und offen sich westliche Frauen geben. In ihren „Sexy Movies“ (die indische Umschreibung für Pornos) schauen sie oft weißen, blonden Frauen beim Sex zu.
Diese Informationen sollen die Vergewaltigungen nicht entschuldigen, sondern helfen, einen Einblick zu bekommen, um sich in Indien sicherer zu bewegen.
Hinzufügen möchte ich auch, dass oben Genanntes auf keinen Fall für alle Inder gilt. Ich habe viele gebildete indische Freunde, die sich für den Ruf ihres Landes schämen. Besonders die Angehörigen der Mittelschicht und besser. Auch vor den Indern aus wohlhabenderen Staaten braucht man sich nicht zu fürchten. Oft leben diese Inder auch einfach, haben jedoch eine gute Schulbildung genossen und vor allem die indischen Frauen geniessen hier ein deutlich besseres Leben.
Im folgenden habe ich sieben Tipps und Hinweise aufgeschrieben, die besonders alleinreisende Frauen befolgen sollten, um sicher unterwegs zu sein und sich sicher zu fühlen. Bei den Tipps geht es überwiegend um normale Verhaltensmaßnahmen, die der indischen Kultur angepasst sind. So würde sich auch jede indische Frau verhalten. Es geht nicht darum, sich irgendwelchen Zwängen zu unterlegen, als viel mehr darum, die indische Kultur zu wahren und respektvoll mit ihr umzugehen, so wie man es immer beim Reisen in einem Land mit einer anderen Kulur tun sollte. Und ganz automatisch kann man Indien auch in vollen Zügen genießen.
1. Angemessene Kleidung
Indische Frauen tragen entweder Saris oder Salwa Kamis, bei denen die „ wichtigen Körperstellen“, wie Brust- und Geschlechtsbereich doppelt vom Stoff bedeckt werden. Die Gewänder sind luftig und lang. Das bedeutet nicht, dass auch westliche Reisende sich hinter indischen Gewändern verstecken müssen. Eine körperbedeckte, leichte Kleidung, die über Knie und Schultern reicht, ist jedoch angemessen.
Ich liebe es Schals zu tragen. Man kann mit ihnen nicht nur den Kopf bedecken, was in manchen religiösen Stätten in Indien verlangt wird, sondern kann ihn sich über die Schultern hängen, das Gesicht verstecken, sich vor der Sonne schützen und den Schweiß abwischen.
Diese Kleidungsregeln sind etwas aufgelockerter in Touristenorten, besonders in Goa. Jedoch sollte man beachten, das Bikini & Co. in Indien nicht üblich sind und Frauen außerhalb Keralas und Goas mit vollständiger Kleidung im Meer oder Fluss baden sollten.
2. Umgang mit indischen Männern
Wenn man nach Indien gelangt, bemerkt man schnell, dass Indien von Männern dominiert zu sein scheint. Sie sind überall: auf den Straßen, in den Läden und Zügen. Dass man während seiner Reise überwiegend Bekanntschaft mit Indern und nicht mit Inderinnen macht, liegt nicht nur daran, dass die männliche Geburtenrate höher ist, sondern vor allem an der Tradition, dass die Frau zu Hause ist und sich um Kinder und Haushalt kümmert, während der Mann das Geld verdient. In den Touristenorten sind es Männer, die Restaurants, Hotels und Läden besitzen oder in ihnen arbeiten. Inder flirten gerne und freuen sich über offene Gespräche mit westlichen Frauen.
Viele Inder sind sehr nett, dennoch empfehle ich einen gewissen Abstand zu wahren und nicht zu intim zu werden! Unterhaltungen sind in Ordnung, aber man sollte nicht zu schnell seine privaten Kontaktdaten herausrücken.
3. Selbstbewusstes Auftreten
Die indische Frau ist in der Regel eher zurückhaltend und still. Besonders, wenn westliche Frauen Indien bereisen, ist es wichtig, dass sie Stärke und Selbstbewusstsein zeigen. Das kann schon einfach die aufrechte Körperhaltung oder ein zielstrebiger Gang sein.
Hin und wieder gelangt jedoch auch schon einmal eine indische Hand an einer Körperstelle, wo sie nicht hingehört oder es wird etwas Anzügliches gesagt. Das sollte nicht ignoriert werden, sondern mit einem ärgerlichen Auftreten und Lautstärke entgegnet werden. Das schüchtert den Inder ein und ermutuigt ihn nicht zu mehr!
4. Dunkelheit meiden
Wie auch im Heimatland ist es nachts etwas unsicherer. Indische Frauen vermeiden es in der Dunkelheit auf den Straßen unterwegs zu sein und das sollten wir auch. Partys sind aus dem Westen nach Indien importiert worden und haben keine lange Tradition in diesem Land. Vielleicht schafft man es ja nur für die Zeit seiner Reise, Indien eher tagsüber zu genießen.
Kann man es nicht vermeiden, auch einmal in der Dunkelheit unterwegs zu sein, lohnt es sich in ein Taxi zu investieren und sich bis vor die Tür bringen zu lassen.
5. Die „richtigen“ Gegenden Indiens bereisen
Wie schon vorab erwähnt, gibt es in Indien Gegenden, die sicherer und unsicherer sind. In den ärmeren Staaten, wie Bihar, Madya Pradesh oder Uttar Pradesh, sind die Menschen einfach noch sehr traditionell und ungebildet. Diese Staaten sollten nicht alleine bereist werden.
Sicherer hingegen sind die südlichen Staaten, besonders das touristische Kerala und Goa. Auch die Bergstaaten, die aufgrund des Tourismus und der Wasserkraftwerke eher wohlhabend sind, sind unproblematisch, zudem sie sehr buddistisch geprägt sind. Dazu zählen Sikkim, Himachal Pradesh und Ladakh. Rajasthan ist so touristisch, dass die typischen Touristenorte in dem eher ärmeren und traditionellen Staat auch ungefährlich sind.
6. Sicher unterwegs mit Bus und Bahn
In Indien ist der Personentransport sehr günstig und selbst wenn man in ein Ticket für die bessere Klasse investiert, ist der Reisepreis noch immer erschwinglich. Als allein reisende Frau investiert man dabei eher weniger in die Klimaanlage oder mehr Sitzplatz, sondern vielmehr in Sicherheit. Die bessere Klasse kann sich eher die wohlhabende Schicht leisten und ist daher sicherer.
7. Anschluss finden
Reist man durch Indien, trifft man ständig und überall auf andere Reisende. Besonders auf langen Reisestrecken zwischen zwei Orten, oder aber auch um eher abgelegenere Ecken Indiens zu besuchen, macht es Sinn, zwei, drei Reisegefährten zu finden. Das ist nicht nur geselliger, sondern gibt auch Sicherheit!
Mehr von Sarah und ihrem Team findest du auf ihrer Website Chalo! Reisen.
Foto: Taj Mahal von Shutterstock
Moin,
ein schöner Artikel, sehr gute, interessante Hinweise. Würdest Du sagen, dass die jeweilige Religion der Menschen entsprechend wichtig ist? Sind Buddhisten respektvoller zu Frauen als Hindus, Sikhs?
Für Sri Lanka zumindest könnte ich das so bestätigen, da gibt es die wenigsten Probleme zwischen Buddhisten und Christen; Hindus und Moslems hingegen sind mit deutlich mehr Vorsicht zu geniessen.
Servus,
Götz
Hallo Goetz,
ja, da stimme ich mit dir ueberein, wobei es viele Hindus und Moslems von den „guten gibt“. Auch hier spielt Bildung und finanzielle Situation wieder eine grosse Rolle
Vielen Dank für deine Tipps. Ich habe zwar nicht unmittelbar vor, nach Iniden zu reisen, aber du gibst einen spannenden Einblick in die indische Kultur. Sehr spannend und schön geschrieben. :)
Grüße aus dem Passeiertal
Hallo Sarah,
vielen Dank für deine hilfreichen Tipps!
Ich werde nächsten Monat zum ersten Mal in Indien sein und bin schon sehr gespannt, wie ich das Land erleben werde. Ich bin zwar „nur“ beruflich dort und habe wenig Zeit Land und Leute genauer kennenzulernen, aber zumindest kann ich mir endlich einen ersten Eindruck von dem Land verschaffen, das mich schon seit vielen Jahren fasziniert.
Bestimmt werde ich einige deiner Tipps gut gebrauchen können.
Alles Liebe,
Julia
Hallo Sarah,
auch wir haben Indien als sehr sicheres Reiseland empfunden und wir haben auch die ärmeren Staaten bereist und sind in der Bahn meist die einfache Klasse gefahren. Deine Tips zu den Verhaltensweisen können wir ansonsten nur unterstreichen! Auch sehr nützlich ist es, anlächeln und Augenkontakt auf Frauen und Kinder zu beschränken, wenn man sich als alleinreisende Frau unsicher fühlt. Leider schaffen es hauptsächlich die negativen Schlagzeilen aus Indien zu uns. Nach einer 15.000 km Rundreise durch Indien hat uns der enorme Unterschied zwischen dem in Deutschland vermittelten Indienbild und unserer eigenen Erfahrung keine Ruhe gelassen.
So trägt unser neuer Multivisionsvortrag den Titel: keine angst vor indien.
Trailer findet Ihr hier: https://youtu.be/1osboIkLyv0
Mehr Tips auch hier: http://reise-ansichten.de/keine-angst-vor-indien
Namaste!
Ich hatte auch meine Bedenken vor der Abfahrt. Fuhr auch alleine als Frau. Allerdings vermied ich gefährliche Situationen . Meidete langen Augenkontakt und ging im Dunkeln nicht mehr aus dem Hotel. Ich war mit einem Fahrer ( Rakesh von http://www.fahrer-indien.com unterwegs). Diesen Tipp habe ich von einem befreundeten Pärchen bekommen. Er sorgte sich sehr um mich und gab mir auch immer Tipps wie ich mich zu verhalten hatte. Unsichere Situationen meidete er aber. Ich muss sagen das ich fast ausschließlich positive Erfahrungen aus den Begegnungen mit den Menschen hatte. Es wird vor allem in den Medien vieles schnell aufgebauscht. Man fühlt sich dann oft unsicher, obwohl es meist gar keinen Grund dazu gibt. Indien ist ein wunderbares Land und man sollte es einmal erlebt haben
Hallo Sarah,
es ist ein wichtiger Artikel. Ich habe viele Bekannten, die sich nicht nach Indien trauen, weil sie komplett anderes über das Land in ihrem Kopf haben. Man muss natürlich auf bestimmte Regeln achten, aber das tut man eh, wenn man in einem fremden Land reist.
Wir haben eine Rajasthan-Rundreise mit unserer 10 Monate alten Tochter gemacht. Ich muss sagen, die Inder sind total nett. Wir wurden oft angesprochen, weil man auf der Straße ein blondes, blauäugiges Baby selten sieht.
Wir wurden zu einer Familie auch eingeladen, und sie haben Jasmin liebevoll betreut.
Wir haben uns in Indien völlig sicher gefühlt und mit Baby war die Reise einzigartig!
Für all diejenigen unter Euch, die weitere Anregungen für eine Rajasthan-Rundreise sammeln möchten, empfehle ich die Seite https://www.travelsicht.de/indien-rundreise-mit-fahrer-reisebericht/ zu lesen.
Ich wünsche dir weiterhin viel Spaß mit dem Blog und gute Reise!
Viele Grüße,
Ildi