Auf Reisen ist es manchmal am schönsten, wenn ich es am wenigsten erwarte. East London sollte lediglich ein Zwischenstopp auf einer langen Autofahrt werden. Am Ende blieb ich drei Tage, traf liebenswerte Menschen, verstand Südafrika ein bisschen besser und hatte ein einmaliges Erlebnis.
Ich saß in Durban in meinem Hotelzimmer und überlegte, was das nächste Ziel sein sollte. Egal, wie ich es drehte und wendete: Alles war zu weit für eine Tagesfahrt. Am Ende entschied ich mich für einen Ort mit dem schönen Namen Graaff-Reinet, doch Google Maps zeigte zehn Stunden an. Wahrscheinlich würde es wohl länger werden, und das wollte ich mir nicht antun. Also suchte ich mir eine schöne Unterkunft in East London, das zwischen diesen beiden Orten liegt.
Das sollte sich als eine gute Entscheidung erweisen, denn schon bis East London brauchte ich zehn Stunden. Das war die bisher längste und nervigste Fahrt. Autofahren in Südafrika macht mir eigentlich Spaß, doch diese Strecke nicht. Angemessen erschöpft erreichte ich am frühen Abend East London und wurde im B&B wärmstens empfangen.
Ich ging früh ins Bett, doch nicht ehe mich Izak – Ehemann der Betreiberin Helena – in ein Gespräch verwickelte, das sehr interessant war. Wir redeten viel über Südafrika, die Probleme der Afrikaner, die Probleme der Weißen und wie ich Südafrika bis dahin wahrnahm.
Am nächsten Tag ging ich lediglich zum zwei Kilometer entfernten Strand und arbeitete den Rest des Tages. Doch schon beim Frühstück erzählten mir Helena und ihre Mutter von einem besonderen Ort, den Izak gern besuchte. Dort würde man das Wilde an der Wild Coast am eigenen Leibe spüren. Man würde wohl nass werden, aber sei glücklich dabei.
Der Strand in East London, nicht weit vom B&B
Ein einzigartiges Erlebnis an der Wild Coast
Izak bot an, mich am nächsten Morgen dorthin zu fahren. Das bedeutete, um 6 Uhr aufzubrechen. Wir fuhren zum Strand und liefen an der rauen Küste entlang. Insgesamt drei Stunden sollte dieser Ausflug dauern, und er verging wie im Flug. Zwischendurch tranken wir Kaffee aus der Thermoskanne und aßen Rusk.
Die Küste war herrlich im morgendlichen Sonnenlicht. Der Weg war nicht immer leicht zu begehen, und so wäre ich allein dort nie entlang gelaufen. Doch mit einem Local ging es gut.
Nach mehr als einer Stunde erreichten wir den speziellen Ort. Ich sah ein kleines Plateau, das aus dem Wasser ragte und an dem sich die Wellen brachen.
Für eine Weile beobachteten wir das Geschehen und guckten uns einen Platz aus, an dem wir auf dem Plateau stehen konnten. Dann gingen wir hinunter, direkt an die Wild Coast. Während ich mich dem Wasser näherte, zog sich Izak zurück und bediente die Kamera. Das Ergebnis siehst Du hier:
Das Erlebnis ist schwer zu beschreiben. Es ist mehr, als nur nass zu werden. Wenn das Wasser plötzlich von oben kommt, vergisst man alles andere und spürt die Natur ganz unmittelbar. „It puts some wildness to the Wild Coast“, wie Izak sagte. Nach anderthalb Jahren des Reisens war es noch ein ganz besonderes Erlebnis.
Achtung: Das ist nicht zur Nachahmung geeignet, wenn man nicht weiß, was man tut. Wer ungünstig steht, kann von den Wassermassen nach hinten an die Wand oder auf den Boden gedrückt werden. Ich wusste natürlich auch nicht, was ich da mache, hatte aber das Gefühl, Izak wüsste es.
Nach diesem Spektakel gingen wir zum Auto zurück, jedoch nicht ohne unterwegs noch den Kaffee zu trinken und uns weiter über Südafrika zu unterhalten. Izak erzählte mir auch von seinem Job, wo er zwar angestellt ist, sich jedoch als Unternehmer innerhalb des Konzerns sieht. Ja, dachte ich mir, so müsste jeder denken! Ein paar Tage später erschien ein passender Artikel dazu bei myMONK.de.
Eine Lehrstunde über das Leben in Südafrika
Zurück im B&B bot mir Izak beim Frühstück an, mich noch durch East London zu fahren. Echte Sehenswürdigkeiten gäbe es zwar nicht (das stimmt), aber er wolle mir das Leben in der Stadt zeigen.
Also fuhren wir durch East London, das genauso heruntergekommen aussieht wie die meisten südafrikanischen Städte, in denen ich bisher gewesen bin. Man erkennt noch, dass es wohl einmal schön gewesen war – das aber mehr als 20 Jahre her sein muss.
Einmal hielten wir mitten in der Stadt und stiegen aus, wo ich sonst nie ausgestiegen wäre. Die Gegend wirkte trotz strahlendem Sonnenschein etwas düster, staubig und zugemüllt. Mitten in dieser unverwechselbar afrikanischen Stadt steht ein Spar Supermarkt, in dem es sehr europäisch aussieht (schöner sogar!).
Der Markt wird von Afrikanern geführt, nach westlichem Vorbild. Izak will mir mit dem drinnen-draußen-Vergleich zeigen, welchen Unterschied es macht, wenn Afrikaner gut ausgebildet werden (eben so, wie wir uns das vorstellen).
Anschließend führte er mich zu einer Friseurin und bat darum, dass ich ein Foto machen dürfe. Dort war man zunächst abweisend, doch als es hieß, ich komme aus Deutschland, sollte ich die Tochter doch bitte gleich mitnehmen. Das lächelte ich zwar nur weg, ein Foto war dann trotzdem okay.
Zum Schluss fuhren wir durch ein Township, was mir in einem neuen Mercedes unangemessen erschien. Doch Izak beruhigte mich, dass das normal sei. Selbst reiche Afrikaner würden einen Mercedes fahren und trotzdem noch im Township leben. Ein gutes Auto ist das bessere Statussymbol als eine gute Wohngegend. Und so war es dann auch. Moderne Autos aller Marken fuhren durch das Township und niemand achtete auf uns.
Izak wollte mich an diesem Tag einiges über Südafrika lehren und hat das auch geschafft. Auf der Rückfahrt war ich in Gedanken versunken und verwirrt. Das bin ich heute noch. Südafrika ist schwer zu verstehen. Ich arbeite noch daran, doch möchte mich erst am Ende meiner Reise dazu äußern – obwohl es mich seit dem ersten Tag in Johannesburg beschäftigt.
Bed & Breakfast Tipp: Das Tu Casa B&B ist eine der schönsten Unterkünfte, die ich in Südafrika bisher gesehen habe – und das will etwas heißen, denn so viele Unterkünfte sind hier schön. Das Frühstück ist außerordentlich gut (besonders das Omelette) und die Gastfreundlichkeit der Familie ist bislang unübertroffen. Ich habe mich sehr willkommen gefühlt. Am Ende gab es Umarmungen und Abschiedsfotos. Das habe ich selten. Wenn Du durch East London fährst, ist das Tu Casa also die perfekte Möglichkeit zur Übernachtung.
Hi Patrick,
ich habe etwa 3 Wochen in der Transkei verbracht und kann Deine Aussagen nur bestätigen. Es ist noch eine unverfälschte Ecke von Südafrika, deren Bewohner sehr freundlich sind (insbesondere gegenüber Europäern). Als Backpacker kann man hier eine wunderschöne Zeit verbringen. Ich selbst habe in folgenden Backpackern gewohnt und kann sie echt empfehlen:
The Kraal http://www.thekraal.co.za/
Buccaneers http://www.cintsa.com/
Eine empfehlenswerte Wanderung ist entlang der Küste zum Hole in the Wall.
Viel Spaß noch in Südafrika
Andre
Hallo Patrick,
mal wieder ein klasse Bericht. Fühle mich ein paar Jahre zurück versetzt, denn Südafrika war damals das erste Land, das ich mit dem Backpack alleine bereist habe. Obwohl ich denke, dass sich mittlerweile viel geändert hat. Deswegen warte ich auch immer gespannt auf deine Berichte, um raus zuhören, wie du das Land wohl so empfindest.
Weiterhin eine sichere und spannende Reise.
Steffi
Hi Steffi,
in den nächsten ein bis zwei Monaten werden noch einige Artikel folgen. Ich werde gerade erst so richtig warm ;-)
Ich bin allerdings dieses Mal nicht wirklich als Backpacker unterwegs, sondern ganz bequem mit Mietwagen und Übernachtungen in B&Bs. Als Backpacker könnte ich es mir in diesem Land ehrlich gesagt nicht so richtig vorstellen.
Viele Grüße
Patrick
Dabei ist Südafrika für angehende Backpacker einer der besten Startpunkte die ich mir vorstellen kann. Überall spricht man Englisch, es gibt mit dem BazBus eine sehr komfortable und sichere Möglichkeit, von Hostel zu Hostel zu kommen, es gibt unglaublich geniale Hostels (Coffee Bay, Buccaneers, Wild Spirit, Hogsback usw.) und dan Minibustaxi kommt man auch zu exotischen Orten ohne große Probleme. Wenn es nicht immer Südost-Asien oder NZL sein muss kann ich Südafrika für Backpacker nur weiterenmpfehlen.
Wo bist du denn unterwegs? Ich bin am nächstem Mittwoch wieder an der Küste, vielleicht trifft man sich ja irgendwo.
Hi Nico,
möglich ist das alles, aber Lust habe ich darauf nicht.
Ich kann mir auch nicht so richtig vorstellen, dass Backpacking ohne eigenes Auto hier wesentlich günstiger sein soll – schon gar nicht, wenn man zu zweit unterwegs ist (aber ich bin Solo).
Ich zahle gerade einmal 11 Euro pro Tag für meinen Mietwagen und bin nicht darauf angewiesen, für alles eine Tour zu buchen.
Ich bin jetzt kurz vor Cape Town und ab Sonntag dann auch genau dort :)
Hi Patrick,
echt beeindurckend dein Erlebnis in Südafrika. Das muss genial gewese sein an der Küste zu stehen und von einer Megawelle nass zu werden. Ich reise mittlerweile auch schon 1 Jahr und 3 Monate und viele Dinge die ich sehe begeistern mich nicht mehr so wie am Anfang. Da sind solche Momente wie du hattest Gold wert.
Ich habe beispielsweie so viele Wasserfälle schon in Neuseeland, Australien, Thailand gesehen, dass mich ein neuer Wasserfall nicht mehr vom Hocker reist, aber dafür hat mich gestern zwei Musiker am Brunnen in Vientiane (Laos) total beeindruckt, die englische Lieder gespielt haben und einfach nur eine Gänsehautstimme hatten und wahnsinnig gut Gitarre spielen konnte. Das war mein erstes Highlight hier in Laos.
Hallo Christin,
Deine Erfahrungen kommen mir bekannt vor. Die Faszination von Wasserfällen, Tempeln, Kirchen & Co. hat für mich auch stark abgenommen ;-) Das lässt sich beim Langzeitreisen wohl kaum vermeiden. Das ist auch ein Grund, warum ich jetzt nicht mehr sehr lange am Stück unterwegs sein möchte, sondern nur zwei bis drei Monate, dann eine Pause und dann weiter.
Viele Grüße und eine schöne Reise noch!
Patrick
Besten Dank für den Bericht. Vielleicht auch mal eine Reise wert.